Mittwoch, 31. August 2011

Angekommen

Nennt man das so?
Wenn man physisch zurückgekehrt und das Auto ausgeladen ist, die ersten Waschmaschinenladungen aufgehängt und sämtliche anstehenden Dinge mit einem Schlag wieder präsent sind ... dann ist der Urlaub vorbei.
Fühle mich heute mächtig verirrt in dem, was bald wieder mein Alltag werden soll. Allzubald.

Genau genommen jetzt. Sofort. Viel zu spät nämlich bin ich schon dran.
Backen, Tisch decken, Geschenke einpacken.
Heute ist es mir nicht wie sonst Gelegenheit zur innigen Rückschau, sondern nur eine Liste von zu Erledigendem. Damit alles pünktlich fertig ist. Wenn der aufwacht, der mich vorhin beim Abendessen fragte: "Was war eigentlich jetzt genau vor zehn Jahren?" und dann resümierte, dass er ja dann doch noch nicht als 10jähriger aufwache. Erst ab 10.55 gelte es. Nein, habe ich widersprochen. Dass man das ruhig schon von morgens an so sagen dürfe ...

Also: Er wird als 10jähriger erwachen. Mein Großer. Der vorhin mit mir Klavier spielte. Wir sind in den drei Ferienwochen beide ziemlich aus der Übung gekommen. Und bevor er darüber ganz ungehalten werden konnte, erleichterten wir uns das Spiel und "teilten" uns ein Stück: eng nebeneinander auf dem Klavierhocker, jeder spielte eine Hand. Mit meiner anderen Hand hielt ich ihn um die Hüfte, damit wir nicht beide vom Hocker fallen. Und seine freie Hand, die legte er auf meinem Bein ab. So vertrauensvoll. So nah. So warm. So unglaublich ... hätte mir das jemand vor zehn Jahren gesagt ...

Doch nun muss ich wirklich backen gehen. Spät genug ist es ja ...

Samstag, 20. August 2011

Berlin

In wenigen Stunden fahren wir fort aus dieser Stadt - hier, als das Bild entstanden ist, waren wir gerade angekommen. Hatten einen Parkplatz ergattert und einen ersten Blick auf den Berliner Himmel gewagt.



Großstadtturbulente, bunte, fordernde Tage waren es. Zuweilen überfordernd.



Viele Begegnungen.



Kontraste.




Die Suche nach dem Atem der Stadt, dem belebenden.



Dem hier so oft der Raum fehlt. Ich jedenfalls nehme es so wahr.



Und dann ist doch immer wieder ein kleines Stückchen Himmel zu sehen.



Oder ein großes.



In wenigen Stunden werden wir abreisen an einen Ort unermesslicher Himmelsweite ...

Donnerstag, 18. August 2011

Nordseeimpressionen


Ein anfängliches Suchen und Schauen, in welche Richtung es gehen soll auf dieser Reise in einer uns ganz unbekannten Gegend ...



... die Kinder aber zeigen, wohin sie möchten.
(Ja, er durfte das Schiff wirklich lenken :))



Zu den Schauplätzen der Ebbe ...



... und der windigen Flut.



In neblige Gegenden ...



... und unter sonnenleuchtende Wolken.





An Orte der Weite ...







... mit Watterkundung ...







... und Tierbegegnungen.







Da, einfach da waren wir.


Zwischen den Meeren

Die Nordfrieslandtage sind lange vorbei. Tage des langsamen und gemächlichen Unterwegsseins, Tage mit Windtreiben und Wellentürmen, mit schwingendem Meer, tanzendem Wolkenspiel,
endlosen Himmelsbögen.
(Dass wir eine Woche lang sogenanntes schlechtes Wetter hatten, war nicht wichtig. Es war gut.)

Seit ein paar Tagen nun sind wir in Berlin, in den Fangarmen der Großstadt. Es ist laut, grell, eng, schnell – so überfordernd erlebe ich die Stadt immer, und jedes Jahr ein bisschen mehr. Schaue ich auf der Straße in die Gesichter, versuche ich die Geschichten dahinter zu lesen, spüre ich mich weit weit weg. Ich bin hier eine Fremde, eine innerlich Danebenstehende, mehr als an anderen Orten. Und doch – oder gerade daher? - laufe und laufe ich durch die Stadt, wie aufgezogen.

Gestern. Die Rast an einem Bistrotisch lässt meinen Blick auf eine Tageszeitung fallen, auf eine Schlagzeile: „40% der Berliner Neugeborenen lebt von Hartz-IV“. Eine frisch veröffentlichte Statistik, die ich eigentlich nicht brauche, schaue ich mich hier offenen Auges um. (Oder doch: die Zahl 40 schockt.) --- Die spielenden Kinder und ihre Blicke, bis spätabends schaue ich auf der Straße in Kinderaugen. --- Die Roma-Großfamilien, die seit zwei Wochen in einem Park unter freiem Himmel leben, mitten in der Stadt. (Zweimal täglich schauen Jugendamtsmitarbeiter vorbei, ob es den Kindern dort noch gut gehe, oder ob man sie „in Verwahrung“ nehmen müsse, schreibt die Zeitung.) --- Die türkischen Eltern, die im Schreibwarenladen lange diskutieren, ob sie wirklich den Pe.li.kan-Tuschkasten kaufen sollen, den die Lehrerin auf die Liste geschrieben hat, oder lieber den günstigeren No-Name. Letztlich wird es die Markenfarbe – sie wollen doch das Beste für ihr Kind. Und ich stehe daneben und veratme ganz schnell den Gedanken, dass ein Tuschkasten für faire Chancen nicht reichen wird, nie und nimmer, hier im Wedding, wo die Kinder-Hartz-IV-Zahl sogar 65% beträgt. --- Und ringsumher Wahlplakatswälder, auf denen sich die Parteien gegenseitig in Versprechen übertrumpfen, dass sie die Berliner Schul- und Bildungs- und Kinderarmutsmisere ganz sicher ganz sofort beseitigen werden …
Am Abend lasse ich mich erschöpft in einem „Orient-Imbiss“ fallen, bei Falafel und Wasser. Außer mir sind hier nur Betrunkene. Die mich anstarren und anlallen, oder den Fernsehhelden an der Wand neben meinem Tisch. Ich bin sogar zu müde, um Angst zu bekommen. Es macht mir schon nichts mehr aus.
Ein paar Minuten später sitze ich im Auto, im großen, sicheren, das mich zurückbringt in meine heile Welt.

Großstadtstachel, ganz tief. Berlin taugt nicht zum Urlauben. Jedenfalls nicht für mich. Deswegen sitze ich heute den ganzen Tag unter dem Walnussbaum im Vatergarten, inmitten beruhigenden Grüns. Kein Schritt heute in die überfordernde Stadt. Und überlege, dass das Flucht ist. Rückzug in meine kleine Welt. Augenschließen.
Wenn die Welt mir zum überflutenden Meer wird, ziehe ich mich in den See meines klitzekleinen Heims zurück. Wo ich mein Boot selbst lenke, wo ich in Ruhe heere Gedanken denken, gute Träume träumen, gutmenschiges Mitgefühl fühlen kann. Während ich im Gras liege und mich durch die geschlossenen Augen von orangefarbenem Sonnenlicht wärmen lasse.

Nur lesend wage ich mich heute in die Welt hinaus. Ins Jerusalem der 40er Jahre, in ein Leben, das mit Gartenliegen und Blumenkontemplation so gar nichts zu tun hat. Und ins Rom der Heutezeit. Von Menschen lese ich, die den ganzen Sommer hinter geschlossenen Fensterläden verbringen. Damit ja kein Nachbar merke, dass sie nicht wie sonst am Meer sind, weil sie sich keinen Urlaub mehr leisten können.

Und wir werden in drei Tagen weiterfahren, ans nächste Meer. Wie gut es uns geht. Aber darüber froh zu sein, will mir heute nicht gelingen. Erleichtert, ja, das bin ich.
Mit offenen Ohren werde ich dorthin fahren - in mich, und in das Meeresstimmengewirr hinein gerichtet ...

Sonntag, 7. August 2011

Abfahrt

Die Pfingstferien sind noch keine zwei Monate her, und wieder zieht es uns an den gleichen Ort: Kühlungsborn.
Nämlich darum:































Und außerdem ein bisschen Nordsee, ein bisschen Berlin - sozusagen eine Nordrundreise (hören die Berliner das jetzt gern oder nicht?).
Eine gute Zeit Euch ...

(Aber unterwegs werde ich wohl ab und zu das I-Net anzapfen, vielleicht ...)

Freitag, 5. August 2011

Aufräumdinge

Ein bisschen bin ich stolz auf mich, ein bisschen finde ich es absurd: Dass ich die komplette erste Ferienwoche lang mit Aufräumen verbracht habe. Und zwar fast ausschließlich.

Nämlich:
Was alles so liegengeblieben war in der hektischen Vorferienzeit. Ein großes Haus voller Alltagsunordnung.
Das traditionelle, von den Kindern heiß und innig gehasste Sommerferiengründlichkinderzimmeraufräumen: Alle Regale, alle Kisten, alle Ecken, und auch unter dem Teppich.
Die Kleiderschränke und -kommoden von oben bis unten, Kinders und meine.
Das Arbeitszimmer. Riesenpapierstapel eines ganzen Schuljahres. Dazu diesmal: mein Arbeitszimmer mit allem Drum und Dran zog drei Etagen tiefer. Buch für Buch, Ordner für Ordner buckelte ich alles die Treppe hinunter.
Und weil ich gerade so schön dabei war, rückte und räumte, entstaubte und sortierte ich alle anderen Gegenstände im Haus auch gleich. Ich hatte sozusagen von A bis Z alles einmal in der Hand. Naja, fast alles.

Ein bisschen fremd war ich mir selbst in diesem Räumwahn. Vor allem, weil ich es so lustvoll und diszipliniert tat. Da gab es schon ganz andere Jahre.

Viel größer als sonst sind die Erfolge:
2 Altkleidersäcke, 2 Kisten Spielsachen, 3 Kisten Bücher, 2 Müllsäcke Papierzeugs (hauptsächlich Gebasteltes meiner Kreativkinder, die sich diesmal außerordentlich leicht trennen konnten) und ein 10-cm-Schredderstapel (den Kindern ist schon die Puste ausgegangen, so bleibt diese meditative Tätigkeit wohl an mir hängen).

Schön auch die Fundstücke:
Eine Tochterhose, die ihr noch bis zur Wadenmitte reicht. Kinder, wie die Zeit vergeht.
Ein Elternbrief, der mich über einen Theaterbesuch der Sohnesklasse im Mai informiert. Und dass ich 5,50 zu zahlen hätte. Ob ich das noch nach den Sommerferien darf?
Die Holzkiste. DIE Holzkiste nämlich. Die so unhandlich und unschön ist, dass sie 24 Jahre lang unbenutzt von einer Ecke des Zimmers in die andere geschoben wird. Die man trotzdem nicht entsorgt, weil man sie nämlich bei der Matheolympiade in Cuba als Preis gewonnen hat. So ist das mit dieser Kiste.
Ähnlich mit den Sweatshirts der Uni Moskau, mitgebracht, als ich im letzten Jahrtausend dort studierte. Daher muffeln sie ein bisschen. Sie durften erstmal wieder eine Runde durch die Waschmaschine drehen.
Ein Karton Druckerpatronen. Leider erst gefunden, nachdem die Onlinebestellung für neue schon abgeschickt war.
Adresszettel, von denen ich weder weiß, wer sich hinter dem Namen verbirgt, noch was uns je hat in Verbindung treten lassen.
Schulhefte (DIN A4 liniert), Heftumschläge (gelb) und Buntstifte in einer Menge, die bis zum Ende der Schulzeit meiner Kinder und darüber hinaus langen wird. Soll ich auf Tauschbörsen setzen - tausche gegen kariert und alle anderen Farben - oder eher darauf, dass meine Kinder nach der Schule einen Beruf ausfindig machen, in dem sie Schulhefte (DIN A4 liniert), Heftumschläge (gelb) und Buntstifte sinnvoll verwerten können?
Unfassbare Mengen auch an Druckknöpfen, eingeschweißt, als Ersatz mitgeliefert beim Kauf neuer Kleidungsstücke. Ich wusste weder, dass ich die lückenlos aufgehoben habe (ok, die Erkenntnis, dass ich zum Typ der Sammler gehöre, ist ja nicht neu), noch welche immense Menge an Neukleidern im Laufe der Jahrzehnte in unseren Haushalt eingezogen sein muss.
In der Knopfkiste auch die Kinderzimmerschlüssel. Die hatten wir zwar noch nicht vermisst, aber Finden macht trotzdem Freude. Dunkles Wiedererinnern, weshalb wir sie vor Jahren eingezogen hatten: nämlich um nicht die Tochter eines Tages mit Feuerleiter oder Spitzhacke aus ihrem eigenen Zimmer befreien zu müssen.
Ein 50-Pfennig-Stück. Westpfennig. Die Suche nach den restlichen Erinnerungsmark - Ost und West, Münzen und Scheine - bleibt erfolglos. Unverständlich, denn ich bin mir sicher, dass ich genug der Märker für spätere Erzählungen aus der (guten) alten Zeit aufgehoben habe. Finden tue ich lediglich Groszy, Rubel, Lira, Centimes und Lei. Auch gut. (Notiz an mich: Es scheint noch Orte im Haus zu geben, die von meiner Räumwut nicht erfasst wurden.)
Ums Geld herum mein erstes Nachwendeportemonnaie, mit Klettverschluss, in - kreisch! - rosa.  Gekauft mit und vor 21 Jahren, auf der Wilmersdorfer Straße, bei meiner ersten D-Mark-Geschäftsbesichtigung. Die erinnere ich noch wie heute. Außer für das rosa Ding konnte ich mich bei nix entscheiden. Totale Überforderung. Neonblendung, Süßduftmusik, Buntverpackungsflut und Schock: Wozu braucht der Mensch 300 Sorten Salami???
Hartnäckig ausbleiben tut dagegen die Erinnerung an das Behältnis, in dem ich meine Schuldinge zu Oberstufenzeiten von A nach B transportierte. Ranzenzeit längst vorbei, und auch die Jahre, in denen wir die Bücher- und Hefterkilos in großen Einkaufstaschen geschultert schleppten. (Meine Skoliose hats mir für immer gedankt :(  ). Auch die Netzbeutel- (vom Bruder genäht) und  Windeltaschenjahre (selbst genäht - jepp!) waren zu Abizeiten doch längst vorbei. Worin also habe ich mein Schulzeugs dann transportiert? Gab es ´87 in der DDR eigentlich schon Stadtrucksäcke (oder wie hießen die damals?), waren die vom Westen schon hereingetröpfelt? Gedächtnislücke: mit welchem Transportbeutelchen habe ich überhaupt studiert?
Worüber man sich beim Aufräumen so Gedanken macht ...

Jetzt bin ich abgeschweift, habe den Faden meiner Fundstückaufzählung verloren. Macht ja aber nichts. Hören wir auf. Es war noch so manches.

Leider nicht dabei: die Partner unserer 27 Sockensingles. Statt dessen haben sich mindestens 10 neue Einzelexemplare angefunden. Immer diese Rätsel im Sockenuniversum ...

***

Ein seltsames Gefühl der Befriedigung stellt sich ein, nach all diesen Tagen inmitten meines Geraffels.
Das Äußere hat immer auch mit dem Inneren zu tun ...

Mittwoch, 3. August 2011

Danke ...

... für den Abend.
 Und dafür, dass ich durch Dich einst zum Bloggen kam :)
 Warum ich dabei ein wenig vor mich hinlächle, weißt Du selbst.
Aber ich meine es ganz ernst:
 Danke.

Montag, 1. August 2011

Vom Schweigen

Das Schweigen spricht zu mir als tiefe Ruhe, die ich bei allen äußeren Wirbeln
spüre – so tief spüre, dass ich nicht einmal den Ansatz eines Verwirbeltseins empfinde, bei allem, was derzeit um mich herum passiert.

Das Schweigen kleidet sich in plumpe und ungeschickte Worte, mit welchen ich in diesen letzten Zeiten – wenn überhaupt – versuchte anzudeuten, was mich trägt. Es ließ mich Worte formulieren und sagte mir gleichzeitig, dass es auf die Worte nicht ankommt, dass ich das getrost so unfertig, wenigsagend schreiben kann.

Das Schweigen ist geduldig, kann warten, bis ich mich ihm wieder zuwende, ihm Raum gebe, es pulsieren lasse.

Das Schweigen ist mein Wandergefährte auf weiten Wegen über den Deich, am Sandstrand entlang, durch die Felder, durch die Gassen einer musikbeschwingten Stadt. Dort bin ich allein mit mir und in mir – und mit meinem Schweigen.

Das Schweigen spricht manchmal die Sprache des Lächelns. Ja, auf dem Schulflur begleitet es mich vor allem als Lächeln. Es versucht dann manchmal, die Ernsthaftigkeit ein wenig abzuschütteln, die ich ihm allzuoft aufbürden will. Doch es lässt sich nichts aufbürden – wie gut!

Das Schweigen ist spürbar durch meine Fingerspitzen, durch meine Zehen hindurch wie eine Antenne zur Welt, zum Universum.

Das Schweigen ist wie Atemluft, wohnt in all meinen Atemzügen. Es ist mir so nötig wie diese, und ebenso all-hier.


Und jetzt, wo ich dies schreibe, kommt es als kleines freudiges Herzschwingen zu mir, das fast ein bisschen weh tut.

Ja, es spricht zu mir in vielen Sprachen. Hat viele Namen, für mich.
Stille.
All-Ein.
Das innige Ich.
Das Tiefste.
Das ES.
Der Himmel.
Frieden.
Geborgenheit.
(Dies sind nur meine Worte, die ich – unbeholfen – für dieses ES finde. Andere mögen andere Worte haben. Das macht ja aber nichts ;-))


Manchmal sehne ich mich nach dem Mut, das Schweigen zu teilen, es gemeinsam zu erleben, in der Begegnung still zu werden. Diesen Mut zu finden ist mir nicht leicht. Es braucht große Vertrautheit und Nähe dafür. Selten gefundene. Dabei wäre es vielleicht das tiefste Gespräch, ein solch schweigendes …